Aus den zehn Kriterien, die eine Welterbestätte belegen kann, erfüllt die Siedlungslandschaft Rundlinge im Wendland zwei Kriterien: (iv) und (v). Kriterium (iv) wird in der deutschen Übersetzung der Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention als folgendes beschrieben:

„ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Geäuden, architektonischen oder technologischen Ensembles oder Landschaftendarstellen, die einen oder mehrere bedeutsame Abschnitte der Geschichte der Menschheit versinnbildlichen“ (Richtlinien für die Durchführung des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt)

Die wendländischen Rundlingsdörfer stellen einen herausragenden Typus einer radial angeordneten Siedlungsplanung dar. Die spezifische Ausrichtung der Hofstellen zum inneren Zentralplatz sowie deren einheitliche und radiale Anordnung repräsentiert eine ungewöhnlich stringente Dorftypologie und -struktur, die bis heute durch ihren Namen „Rundling“ charakterisiert wird. Die rundförmige Gestaltung der Dörfer geht dabei von den zentralen Dorfplätzen aus und über die Hofplätze in die ebenfalls radial zugeordneten Hofwälder und – wiesen über. Die mächtigen, giebelständigen Hallenhäuser, die vielfach ebenso großen Scheunen folgen ausgehend vom Dorfplatz einer konsequent radialen Ausrichtung bis in die Offenlandschaft. All diese Elemente unterstreichen die radiale Siedlungstypologie und Sackgassenlage mit nur einer Zuwegung zum Dorfplatz. Die nach einem einheitlichen Ordnungsprinzip planmäßig im hohen Mittelalter angelegten Dörfer bilden ein einzigartiges Beispiel des frühen mittelalterlichen Landesausbaus im Bereich der deutsch-slawischen Kontaktzone.

Die Eignung von Kriterium (iv) begründet sich durch nachfolgende Merkmale:

  • Die radiale Anordnung der keilförmig um einen runden Dorfplatz angelegten Hofplätze
  • Die radiale Anordnung der giebelständigen Haupthäuser und Wirtschaftsgebäude
  • Der von Bebauung weitgehend freigehaltene, zentrale Dorfplatz. Soweit bauliche Anlagen auftraten bzw. im Einzelfall bis heute auftreten, so handelt es sich ausschließlich um Gemeinschaftseinrichtungen wie Quellfassungen, Feuerlöschteiche, Hirtenhäuser, Burstawen (Versammlungshäuser der Bauern) oder Kalthäuser (genossenschaftliche Kühlhäuser)
  • Das einheitliche Dorfbild wird geprägt durch die Spätform des Niederdeutschen Hallenhauses als sogenannter Vierständer mit rückwärtigem Kammerfach
  • Typisch sind die zum Dorfplatz ausgerichteten Wirtschaftsgiebel in Fachwerkbauweise. Die Anordnung der mittigen, nach innen zu öffnenden Dielentore (Groot Dör) sowie der Stalltüren im Bereich der Kübbungen bzw. Seitenschiffe sind sich stets wiederholende Elemente. Während die Grundstruktur der Giebel immer identisch blieb, hat sich deren Gestaltungsform kontinuierlich weiterentwickelt. Erhalten ist die letzte Entwicklungsstufe mit Spruchbalken, Steilgiebeln, geringen Vorkragungen, Gitterfachwerk, Ziegelausfachungen sowie Giebelpfählen. Die besonders aufwendig ausgestalteten Schmuckgiebel aus dem 19. Jahrhundert entsprechen in Verbindung mit Brauchtumspflege, Volkstanz und Trachten der in Europa aufkommenden Stilform des Historismus. Sie sind Ausdruck einer Rückbesinnung auf die vermeintlich ländlichen Urformen und münden in eine bis heute anhaltende Agrarromantik
  • Rundlingsdörfer haben in der Regel nur eine Hauptzuwegung, welche die Siedlung mit dem höher gelegenen Ackerland verbindet. Die Wiesen des Niederungsgebietes sind über die Hofplätze oder einen Nebenweg erschlossen
  • In der Frühphase des mittelalterlichen Landesausbaus ab der Mitte des 12. Jahrhunderts wurden die planmäßig angelegten Dörfer ohne Kirchen errichtet. Erst in den beiden nachfolgenden Jahrhunderten, also im 13. und 14. Jahrhundert, wurde begonnen, im Außenbereich einiger Rundlingsdörfer Kirchen zu errichten