Aus den zehn Kriterien, die eine Welterbestätte belegen kann, erfüllt die Siedlungslandschaft Rundlinge im Wendland zwei Kriterien: (iv) und (v). Kriterium (v) wird in der deutschen Übersetzung der Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention als folgendes beschrieben:

"ein hervorragendes Beispiel einer überlieferten menschlichen Siedlungsform, Boden- oder Meeresnut-zung darstellen, die für eine oder mehrere bestimmte Kulturen typisch ist, oder der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt, insbesondere, wenn diese als Folge unaufhaltsamen Wandels vom Untergang bedroht wird" (Richtlinien für die Durchführung des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt)

Die Siedlungsdichte und die Ausschließlichkeit des Vorkommens von Dörfern mit der rundlingstypischen Dorfstruktur innerhalb des Vorschlagsgebietes erhebt die Stätte zu einem herausragenden Zeugnis einer mittelalterlichen Siedlungslandschaft. Die einheitliche Siedlungsstruktur mit ihrer homogenen Dorftypologie veranschaulicht einen integrierten Siedlungsplan, der sowohl in Bezug auf die Funktionalität als auch an die örtliche Topografie und an die Bedingungen des Naturraums angepasst ist. Die markante vernakulare Bebauung ist repräsentativ für ein herausragendes Siedlungsbild mit ästhetischen und funktionalen Gestaltungsmustern, deren Qualität im 18. und 19. Jahrhundert kulminiert. Die historische Siedlungslandschaft wird geprägt durch traditionelle Merkmale einer über die Jahrhunderte fortdauernden bäuerlichen Nutzung, die auch von den aktuellen Nutzern als kulturelles Erbe vorangegangener Generationen bewahrt wird.

Das vorgeschlagene Gut ist durch die nachfolgenden Merkmale charakterisiert:

  • Das Siedlungsgebiet zeichnet sich durch das ausschließliche Vorkommen von Rundlingsdörfern aus. Es gibt weder Dörfer, die in früherer Zeit gegründet wurden, noch gibt es Dörfer, die nach Ende des Mittelalters entstanden sind. Die auffallend wenigen Ortswüstungen gegenüber anderen Regionen wie dem Oberen Drawehn und der völlige Mangel an Flurwüstungen sprechen für eine ungewöhnlich hohe Siedlungskontinuität
  • Die Rundlingsdörfer haben sich in ihrer Kleinräumigkeit bis heute erhalten. Erweiterungen der Siedlungsfläche sind bis auf wenige Ansiedlungen von Kleinbauern (Kötnern und Anbauern) im Bereich der Hauptzuwegung zum höher gelegenen Ackerland weitgehend ausgeblieben
  • Der rückwärtige Bereich der Hofplätze ist gekennzeichnet durch einen dem radialen Ordnungssystem folgendem Hofwald mit dahinter anschließenden ebenfalls radial ausgerichteten Hofwiesen
  • Kennzeichnend für die wendländischen Rundlingsdörfer sind die nur geringen Abstände zwischen den Dörfern, die zumeist nur 500 bis 2000 Meter betragen. Die räumliche Verteilung der Rundlingsdörfer vermittelt den im Hochmittelalter vorhandenen Kenntnisstand zur Ertragsfähigkeit landwirtschaftlich genutzter Böden und zu den hydrologischen Verhältnissen
  • Die bevorzugte Lage an der Geotopengrenze ermöglichte neben der Trinkwasserversorgung sowohl den Zugang zu den für die Viehhaltung genutzten Niederungsflächen als auch zu den höher gelegenen ackerbaulichen Flächen mit sandig-lehmigen Böden und wechselfeuchten bis trockenen Standortverhältnissen