Antrag auf Welterbe-Status

Kulturlandschaften als Welterbestätten

Im Jahr 1992 wurden Welterbestätten um die Kategorie der Kulturlandschaften erweitert. Damit trug die UNESCO den verstärkten Bemühungen Rechnung, „das gemeinsame Werk von Mensch und Natur“ als UNESCO Welterbe anzuerkennen, und klassifizierte Kulturlandschaften als „gemeinsame Werke von Mensch und Natur“, welche „für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft und Ansiedlung im Verlauf der Zeit“ beispielhaft sind. Die hohe Relevanz zur Aufnahme von Kulturlandschaften als Welterbestätten ergibt sich auch aus der Tatsache, dass es besonders in Mitteleuropa kaum noch Flächen gibt, die die über Jahrhunderte geprägten Gefüge von Dörfern und eine auf natürlichen Bedingungen basierende Landnutzung aufzeigen. Eine auf wirtschaftliche Effektivität ausgerichtete agro-industrielle Landwirtschaft zur Versorgung einer noch immer wachsenden Weltbevölkerung hat nicht nur zu einer beinahe flächendeckenden Überformung einer bis Mitte des 20. Jahrhunderts erhaltenen bäuerlichen Kulturlandschaft, sondern durch einen vermehrten Flächenbedarf zu einer vermehrten Auslagerung der i.d.R. großen landwirtschaftlichen Betriebe aus den Dörfern geführt. Zugleich wurden wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit und attraktiverer beruflicher Möglichkeiten die bäuerlichen Hofstellen, die zumeist noch bis in die Sechziger-/Siebzigerjahre im Nebenerwerb bewirtschaftet wurden, aufgegeben. Im Ergebnis blieben die Wohnhäuser zumeist erhalten, die Wirtschaftsgebäude hingegen verschwanden aus dem Dorfbild als Folge einer mangelnden Nutzung bei dennoch anfallenden Unterhaltungskosten.

Siedlungslandschaften gehören als Unterkategorie ebenfalls zum Begriff „Kulturlandschaft“, da sie die Landschaft in bestimmter Weise prägen, ändern und sich daran im Laufe der Zeit anpassen. Siedlungslandschaften illustrieren daher eine „organisch entwickelnde Kulturlandschaft“.

Siedlungslandschaft der Rundlinge als Welterbestätte

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die unsere Dörfer prägenden Dreiseithöfe mit ihren großen Scheunen und vieltürigen Schweineställen verschwunden sein werden. Gerade die Vielfalt der bäuerlichen Fachwerkarchitektur mit ihren regionalen Besonderheiten trägt jedoch in besonderer Weise zur regionalen Identität und einer Geborgenheit vermittelnden Ästhetik bei, die einen unverwechselbaren und wesentlichen Bestandteil der Kulturlandschaft bilden. Die Einzigartigkeit, aber auch der drohende Verlust der Hallenhäuser und ihrer zumeist in Vierständerbauweise errichteten Gebäude in den Rundlingsdörfern im Hannoverschen Wendland (Niedersachsen) wurden jedoch frühzeitig erkannt, und mit der Gründung des Rundlingsvereins 1969 konnte dank eines über 50 Jahre fortwährenden Engagements mit Unterstützung der Politik eine einzigartige Siedlungslandschaft erhalten werden. Mit der Welterbeinitiative sollen auch die Rundlingsdörfer als bedeutendes kulturelles Erbe der Menschheit für künftige Generationen geschützt und erhalten werden.